Was bedeutet eine höhere Inflation für meine Anlagen?
Der Cocktail aus Lieferengpässen, Krieg, lockerer Geldpolitik der letzten Jahren und steigenden Energiepreisen hat es in sich. Seit einem halben Jahrhundert ist es das erste Mal, dass Aktien, Immobilien und Anleihen gleichzeitig unter starkem Druck geraten sind. Nur privat platzierte Investments "absolut return investments" und teils Rohstoffe konnten dem Druck widerstehen.
Obligationen unter Druck. Die anziehende Inflation bringt oft steigende Zinsen mit sich. Für Gläubiger wie auch Schuldner. Eine Obligation mit 1.5 % Zins verliert automatisch an Wert, wenn neue Obligationen mit einem Zinssatz von 3 % angeboten werden. Dadurch können auch vermeintlich sichere Anleihen kurzfristig unter Druck kommen, wie dies in den ersten drei Quartalen der Fall war. Laufen diese Anleihen aus, werden sie in der Regel zu 100 % zurückbezahlt und können zu höheren Zinsen reinvestiert werden.Diese Zeit auszuhalten braucht aber Nerven, vor allem dann, wenn die Zinsen schrittweise über eine längere Periode erhöht werden. Die durchschnittliche Laufzeit einer Unternehmens-Anleihen beträgt drei bis sieben Jahre.
Der Vorteil von einem Depot mit Einzeltitel ist, dass die individuellen Anleihen periodisch ablaufen und die Reinvestition in eine andere Anlageklasse überdacht oder aufgeschoben werden kann. In einem Fonds dagegen, werden meistens neue Obligationen gekauft und es kann nur immer ein Teil des ganzen Fondsinhaltes verkauft werden, was ein Nachteil ist. Wer aber nicht verkauft und warten kann, verliert nichts.
Auch Aktien haben es kurzfristig schwer und weitere Kurskorrekturen sind möglich. Die Umsätze der Unternehmen steigen zwar langfristig mit der Inflation doch nicht jeder Kunde kann oder möchte die erhöhten Preise bezahlen. Auf der anderen Seite steigen auch die Kosten für Kredite. Es werden weniger Investitionen getätigt und die Konsumenten geben weniger aus. Der Kauf von "nice to have" Produkten wird aufgeschoben. Bei den Unternehmensgewinnen gibt es je nach Geschäftsmodell Unterschiede. Nicht jede Firma kann steigende Kosten an die Kunden weitergeben. Deshalb gibt es auch unter den Aktien unterschiedlich grosse Verwerfungen. Schlussendlich reduzieren die Unternehmen das Personal und passen sich an, um wieder in die Gewinnzone zu gelangen. Aktien bieten im Vergleich zu Geldwerten (Obligationen, Bargeld) den besseren Inflationsschutz. Auch Ökonomie-Historiker bestätigen, dass langfristig und in allen "worst-case" Szenarien Aktien die profitabelsten Anlageinstrumente sind. Emotional leben wir aber im Moment und das macht es besonders schwer der Vergangenheit zu glauben.
Wie reagieren Immobilienanlagen auf steigende Zinsen? Immobilieninvestoren konnten sich aufgrund sinkender Diskontierungssätze (Abzinsung) lange Zeit über hohe Aufwertungsgewinne freuen. Immobilienfonds handelten oft zu stattlichen Prämien (Margen) im Vergleich zum inneren Wert. Allgemein ausgedrückt bedeutet das, dass je tiefer die Zinsen für Hypotheken waren, desto höher wurden die Immobilien gehandelt. Mit der Zinswende und den Zinsschritten in diesem Jahr haben sich diese Prämien aufgelöst und ziehen einen Bewertungsrückgang mit sich. Auch hat eine Verschiebung der Investments stattgefunden, wonach Gelder in Immobilien abgezogen wurden, um in höher verzinsliche Obligationen angelegt zu werden. Trüben sich die Aussichten für den Immobilienmarkt weiter ein, können diese Anlagen auch zu einem Abschlag gehandelt werden. Im physischen Immobilienmarkt - selbstbewohntem Wohneigentum - haben sich die Diskontierungssätze zur Bewertung von Immobilien noch kaum bewegt.